Interview mit Shannon

Interview mit Shannon vom Blog Wechseljetzt

Du möchtest ins Ausland, bist dir aber noch nicht sicher in welchem Rahmen und ob Schüleraustausch das richtige für dich ist? Shannon berichtet von ihren Erfahrungen als Austauschschülerin in Chile. Später hat sie weitere Auslandserfahrungen im Studium und in einem Freiwilligen Sozialen Jahr gesammelt, jedoch konnte sie im Schüleraustausch am besten in die Kultur eintauchen.

Im Interview mit austauschjahr.de geht Shannon auf spannende Aspekte ihrer Auslandserfahrung ein:

Interview mit Shannon

Hallo Shannon, kannst du uns sagen wo und wann du deinen Schüleraustausch verbracht hast?

Ich habe meinen Schüleraustausch im Alter von 16 Jahren im Schuljahr 2011/2012 an der ‘Complejo Educacional Monseñor Guillermo Hartl’ Schule in Pitrufquén, Chile, verbracht. Meine Organisation war das Deutsche Youth For Understanding Komitee e.V. (YFU).

Was war deine Motivation, einen Schüleraustausch zu machen? Und warum Chile?

Ich fand es schon immer sehr interessant, fremde Kulturen kennen zu lernen. Nachdem ich von einer Bekannten viel über ihren Austausch in den USA mit YFU erfahren habe, entwickelte sich bei mir auch der Anreiz, einen Schüleraustausch mit YFU zu machen. Da mein Vater aus Irland kommt und meine Mutter aus Ungarn, wollte ich anfangs in eines der Heimatländer meiner Eltern. In erster Linie nach Irland, um dieses Land besser kennen zu lernen, aus dem ein Teil meiner Familie stammt. Jedoch war es zu dem Zeitpunkt nicht möglich, sich für Irland zu bewerben und somit habe ich mich nach anderen Optionen umgeschaut. Da ich schon fließend Englisch und Ungarisch gesprochen habe, dachte ich mir, dass ich noch eine weitere Sprache erlernen und Einblicke in eine neue Kultur gewinnen könnte. Nach Rücksprache und Ermutigung von meinem Spanischlehrer in der Schule, habe ich mich dazu entschieden, mich auf lateinamerikanische Länder zu bewerben und wurde anschließend für Chile angenommen. Somit war es eher ein Zufall, dass ich nach Chile gereist bin.

Was waren Herausforderungen im Laufe des Schüleraustauschs und wie bist du diesen begegnet?

Obwohl ich vor meinem Austausch bereits Spanisch in der Schule hatte, war mein Sprachverständnis sowie das aktive Sprechen noch sehr beeinträchtigt. Da es zum Zeitpunkt meines Austausches noch keine Handys mit mobilen Daten gab, musste ich alle Wörter immer im Wörterbuch nachschlagen. Somit konnte ich Gespräche anfangs nicht immer mitverfolgen, ich konnte mich nicht immer präzise ausdrücken und die ununterbrochene Konzentration ließ mich schnell ermüden. Jedoch habe ich mich nach zwei/drei Monaten an die Sprache gewöhnt und konnte das meiste verstehen und sagen, auch wenn ich noch viele Fehler gemacht habe. Um Spanisch zu lernen, habe ich die Wörter und Sätze in einem Notizbuch geschrieben, die ich am meisten im Alltag verwendet habe und diese anschließend gelernt. Ich habe Zettel auf Möbel und Gegenstände mit der dazugehörigen spanischen Vokabel geklebt. Außerdem habe ich mich nicht vor Diskussionen in Gruppen gescheut, auch wenn ich nicht immer alles verstanden habe. Eine weitere Herausforderung, der ich mich während des Jahres stellen musste, war dass ich meine Gastfamilie aufgrund eines unerwarteten Ereignisses nach drei Monaten verlassen musste. Dies war eine sehr ungewisse Phase, in der ich nicht wusste, wie es für mich weitergeht. Jedoch habe ich viel Unterstützung von bereits gewonnenen Freunden und von YFU erhalten und nach zwei Wochen war ich in einer neuen Gastfamilie, in der ich mich sehr wohl gefühlt habe.

Was waren für dich die größten kulturellen Unterschiede zwischen Chile und Deutschland?

Es gab sehr viele Aspekte und Situationen, die sich kulturell enorm von Deutschland unterscheiden. Insbesondere in Bezug auf das Familienleben, den Schulalltag und die Essensgewohnheiten.

Das Familienleben in Chile steht stark im Mittelpunkt. Es war besonders wichtig, viel Zeit mit der Familie zu verbringen, besonders an Wochenenden. Meine zweite Gastfamilie war sehr groß und somit konnte ich die familiären Zusammenhänge oftmals nicht nachvollziehen. Jedoch war mir Zuhause nie langweilig, da fast immer jemand zu Besuch kam und irgendetwas spannendes oder lustiges zu erzählen hatte.

Auch das Schulleben fand ich in Chile ganz anders im Vergleich zu Deutschland. Die meisten Aktivitäten, wie Sport und Musik fanden in der Schule statt. Freunde traf man auch vielmehr in der Schule anstatt in seiner Freizeit. Dies hängt auch damit zusammen, dass man täglich von 09:00 bis 17:00 Unterricht hatte. Jedoch wurde nicht nur gelernt, sondern ebenso soziale Aktivitäten mit in den Schulalltag integriert. Die Klassengemeinschaft und der Zusammenhalt war sehr stark, welches ich als sehr positiv empfunden habe.

Auch das Essen und die Essenszeiten waren Anfangs gewöhnungsbedürftig. Wo es in Deutschland normalerweise dreimal am Tag Essen gibt, gibt es in Chile in vielen Familien im Süden des Landes vier Mahlzeiten pro Tag: Frühstück, Mittag, Abendessen gegen 18 Uhr und noch eine weitere Mahlzeit zwischen 21 und 22 Uhr.

Was war die wertvollste Erfahrung, die du aus deinem Austausch in Chile mit nach Deutschland genommen hast?

Vor allem die Freundlichkeit und die Offenheit der Chilenen. Meine Gastfamilie hat mich von Anfang an mit offenen Armen empfangen und mich wie eine Tochter behandelt. Ich habe zu Weihnachten die gleichen Geschenke bekommen wie meine Gastgeschwister und wenn wir irgendwo zu Besuch waren, wurde ich oftmals als ‘unsere Tochter/Schwester aus Deutschland’ vorgestellt. Obwohl der Austausch nun acht Jahre zurückliegt, kann ich noch bis heute sagen, dass ich eine zweite Familie in Chile habe.

Hast du nach dem Schüleraustausch noch weitere längere Auslandsaufenthalte gehabt? Und wenn ja, welche?

Ja, mein Austauschjahr in Chile war nur der Anfang von mehreren Auslandsaufenthalten. Nach meinem Abitur hat es mich im Alter von 19 Jahren wieder ins Ausland verschlagen. Ich habe mit ICJA Freiwilligendienste weltweit e.V. in Kooperation mit weltwärts einen Freiwilligendienst in Togo gemacht, um im Rahmen eines Projekts Französisch zu lernen. Dort habe ich für ein Jahr in einem Waisenhaus gearbeitet und in einer Ferienschule im Englischunterricht ausgeholfen. Nach meinem Freiwilligendienst bin ich in die Niederlande gezogen, um zu studieren und während meines Bachelorstudiums in Internationale Beziehungen und Internationaler Organisation habe ich ein Auslandsstudienjahr an der Shanghai Jiaotong University in China absolviert, bei dem ich auch einen Vollzeit Chinesisch-Kurs belegt habe, in dem ich das Sprachniveau B1 erreicht habe.

Würdest du sagen, der Schüleraustausch war ein Auslöser für deine weiteren internationalen Erfahrungen?

Seit meinem Auslandsjahr in Chile und das Kennenlernen wunderschöner Orte, Landschaften und herzlicher Menschen, hat es mir den Anreiz gegeben, weitere für mich fremde Kulturen und Orte in der Welt zu entdecken. Neben der Neugier hat mir das Jahr in Chile auch den Mut gegeben und das Organisationsgeschick meine späteren Auslandserfahrungen zu meistern. Somit hat es mir mehr Selbstbewusstsein verschafft in unterschiedliche Kulturen und Situationen einzutauchen.

Zudem ist es auch erwähnenswert, dass die Auslandserfahrungen in Chile die intensivsten waren und die mich am meisten geprägt haben. Denn in dem jungen Alter konnte ich noch eng in ein Familienleben mit eingebunden werden und mich voll und ganz darauf konzentrieren, die Sprache und die Kultur kennen zu lernen. Erst bei späteren Auslandsaufenthalten kamen mehr Verantwortungen mit sich.

Interview mit Shannon

Haben die Auslandsaufenthalte Auswirkungen auf deine Studien- und Berufswahl gehabt?

Mein Auslandsaufenthalt in Chile hat mich schon relativ früh auf meine Studien- und Berufswahl gebracht. Bereits nach meinem Schüleraustausch in der Oberstufe war ich mir bewusst, dass ich gerne Internationale Beziehungen studieren möchte, um mehr über Länder und deren internationalen Vernetzungen zu lernen.

Nach meinem Abitur habe ich mich dazu entschieden, in ein französischsprachiges Land zu gehen, da dies die Sprache der Diplomatie ist. Nachdem ich in Togo war, wollte ich dann durch mein Studium in Internationale Beziehungen und Internationaler Organisation an der Universität Groningen, in den Niederlanden, meine Länder- und Regionalkenntnisse mit einbringen sowie meine sprachlichen Fähigkeiten ausbauen. Ich wollte internationale Geschehnisse von politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Perspektiven verstehen können.

Nun kann ich mir vorstellen, zukünftig eine Karriere im diplomatischen Dienst anzustreben aber auch eine Karriere im internationalen humanitären Bereich und ich bin davon überzeugt, dass meine internationalen Erfahrungen stark zu meiner Studienwahl und nun zu dieser Berufswahl beigetragen haben.

Wir danken Shannon vom Blog Wechseljetzt für das nette Gespräch!

Die Erfahrung von Shannon hat dein Interesse geweckt selbst Austauschschülerin oder Austauschschüler zu werden? Sehe dich gerne auf unserer Übersichtseite zum Thema Austauschschüler werden um und informiere dich rund um den Schüleraustausch. Außerdem findest du hier weitere Erfahrungsberichte von ehemaligen Austauschschülern.